Rehwild (Capreolus capreolus)

Paarhufer 

Europäisches Rehwild

Kurzinfo 

Das Europäische Reh gehört zu den Trughirschen. Es ist in Mitteleuropa der häufigste und kleinste Vertreter der Hirsche.
Die männlichen Tiere tragen ein Gehörn (Geweih), die weiblichen Rehe sind geweihlos.
Das Reh ist fast in ganz Europa verbreitet. Als Lebensraum bevorzugt es eigentlich Mischwälder mit Sträuchern und Lichtungen. Es hat sich aber auch weitläufige Felder und Wiesen als Lebensraum erschlossen. Die Äsung erfolgt bevorzugt am frühen Morgen und in der Abenddämmerung.

Lateinischer Name 
Synonyme 

Capreolus capreolus capreolus, Linnæus 1758

Männliches Tier 
Weibliches Tier 
Nachwuchs 

Bock
Gaiss, Geiß, Ricke
Kitz

 

 

Allgemeines und Merkmale

Wildart

Niederwild

Schutzstatus  Jagdwild

Wissenswertes 

Das Reh ist die kleinste Hirschart und das häufigste wildlebende Huftier. Es ist nicht an den Lebensraum Wald gebunden, sondern besiedelt auch großflächig offene Gebiete. Insbesondere im nord- und ostdeutschen Tiefland haben sich als Anpassung an die vom Menschen geschaffene "Agrarsteppe" reine Feldrehpopulationen gebildet, die ganzjährig im offenen Gelände leben. Die höchsten Dichten erreicht das Reh nicht in geschlossenen Waldgebieten, sondern als "Grenzlinienbewohner" im Übergangsbereich zwischen Wald und Feld. Optimale Lebensbedingungen findet Rehwild z.B. in den vom mosaikartigen Wechsel zwischen Wald, Feld und Wiesen geprägten Landschaften.
Wie alle Cerviden, so hat auch Rehwild keine Gallenblase.

Aussehen 

Weibliche Stücke haben eine Schürze. Der große, weisse Fleck am Hinterende ("Spiegel") leuchtet besonders in der Dämmerung. Er dient den Kitzen zur Orientierung und hilft dem nachfolgenden Sprung auf der Flucht.
Körperbau Zierlich, schmal. Schlüpfertyp Rücken fällt nach vorne ab.
Anatomisch muss man das Reh zu den "Schlüpfern" einteilen. Es kann von seinem Körperbau her besonders gut den Lebensraum des Waldrandes und des Unterholzes nützen.

Decke 

 

Leithaare (stehen meist einzeln und sind die längsten Haare), die bei Berührung entsprechende Empfindungen  beim Tier auslösen;
Grannenhaare (sind kurz , stehen sehr dicht und sind die Haupthaare) bilden mit den Leithaaren das Deckhaar
Wollhaare (bilden das Unterhaar).
Färbezeit:  April  / Mai und Ende September / Anfang Oktober.
Junge Stücke verfärben früher als ältere, gesunde früher als kümmernde.
Im allgemeinen färben junge Böcke vor dem Fegen, alte Böcke nach dem Fegen;
Ricken verfärben im Frühjahr meist erst nach dem Setzen.
Haarausfall beginnt am Haupt und Träger.
Nach ca. 6 Wochen verlieren Kitze ihre Kitzflecken.
Der Spiegel erscheint beim Bock nierenförmig, bei der Ricke durch die Schürze herzförmig.
Als Farbvariation tritt auch weisses, geschecktes und schwarzes Rehwild auf.
Drosselfleck: heller  Fleck an der Unterseite des Trägers oder in der Höhe der Drossel.
Muffelfleck: heller Fleck über dem Windfang.

Geweih und 
Geweihentwicklung 
(Beim Rehbock auch Gehörn genannt) 

Bockkitz schiebt nach 3 – 4 Mt. Rosenstöcke (August) daraus ergibt sich das Erstlingsgehörn (Kitzknöpfe). Dieses wird ab Dezember bis Januar gefegt und im Februar abgeworfen.
Danach beginnt sofort das Folgegehörn zu schieben. Dieses wird Jährlingsgehörn genannt. Ab 1. April gilt er als Jährlingsbock und er kann ein Spiesser, Gabler oder ein Sechsergeweih schieben.
Alte schieben früher und werfen früher ab (Oktober) als jüngere Tiere.
Das Geweih eines Rehs hat Perlen.

Sinne 

Äugt mäßig, vor allem, wenn der Gegenstand sich nicht bewegt.
Windet sehr gut
Vernimmt gut
Lauscher dienen auch zur Prüfung der Windrichtung (Tastsinn).
Tasthaare (Vibrissen) besonders auf Oberlippe und am Kinn.
Der Geschmackssinn ist aufgrund der vielen Geschmackswarzen auf dem Lecker ausgezeichnet.

Duftdrüsen 

Lautäußerungen  

Durch Fiepen macht die Ricke, während der Blattzeit, den Rehbock auf sich aufmerksam. Rehe bellen,


wenn sie erschrecken oder gestört werden.

Geiß und Kitz nehmen durch Fiepen
 
Kontakt miteinander auf.

Kommunikation visuell   
Kommunikation chemisch   
Herkunft  Einheimisch

Vorkommen 

Von Meereshöhe bis ins Hochgebirge. Ursprünglich Auenbewohner. Es ist zum Waldbewohner mutiert. Nur in Eurasien vorkommend.

Lebensweise, 
Lebensraum 

In gemischtem Wald und Feldrevieren anzutreffen. Steht gerne in Getreideschlägen und hohen Wiesen. Nach der Ernte taucht es im Wald unter.

Territorium 
Territoriumsgrösse 
Vom Spätherbst bis zum Frühjahr steht das Rehwild gerne in Sprüngen zusammen. Keine Trennung von Alter oder Geschlecht.
Im Frühjahr suchen die erwachsenen Böcke ihren festen Einstand, welcher durch Duftmarken abgegrenzt und verteidigt wird.
Zur Setz- und Brunftzeit nehmen Böcke und Ricke feste Territorien ein.
Einstand   
Lebensweise  Im Winter in Sprüngen, die im Frühjahr zerfallen.
Überwinterung   

Nahrung und 
Nahrungserwerb 

Gras und Kräuter aber auch Laub und Nadelhölzer. Das Reh ist wählerisch, naschhaft und ist KonzentratselektiererBevorzugt nährstoffhaltige Pflanzen (Knospen, Triebe, Bucheckern und Eicheln). Ab Herbst sind Beeren Triebe und Pilze seine Nahrung.

Fortplanzung – Entwicklung – Krankheiten

Säugezeit 

 

Selbständigkeit 

Gegen Ende des ersten Lebensjahres sind die Tiere selbständig

Geschlechtsreife 

die Geschlechtsreife   erfolgt im zweiten Jahr

Höchstalter 

Rehe können bis zu 15 Jahre alt werden. Das Gebiss ist dann so stark abgenutzt, dass die Tiere die Nahrung nicht mehr aufnehmen und wiederkäuen können.

Natürliche Feinde 

Fuchs, Luchs

Infektionskrankheiten 

Parasitäre Erkrankung 

Aktinomykose, Magenwürmer, Räude, Milzbrand, Tuberkulose, Maul und Klauenseuche
Parasiten (Zecken, Dassellarve, Rachendassellarve, Grosserleberegel, Kleinerleberegel, Bandwürmer, Lungenwürmer)

Bestandszusammensetzung 

Als Kulturfolger lebt es vorwiegend dämmerungsaktiv, einzeln, paarweise oder im Familienverband. Letzterer wird als Sprung bezeichnet und besteht im Regelfall aus mehreren Geißen (Ricken) und ihrem Nachwuchs  . Größere Sprünge sind im Herbst und Winter auf den Feldern zu beobachten. Ausserhalb der Brunft leben die Böcke als Einzelgänger mit ausgeprägtem Territorialverhalten, die regelmäßig ihre Duftmarken setzen.

Bestandsstatus 

Nicht gefährtet

Bestandstrend 

gleichbleibend

Erkennung der Anwesenheit im Revier und Hege
 Wildschaden   
 Losung  Sommer:
die Kotbeeren sind infolge der wasserreichen Grünäsung zu einem Klumpen verklebt.
Winter:
bei trockener Äsung sind die Kotbeeren von einander getrennt  und walzen- bis fast kugelförmig.
Trittsiegel  Es ist durch seine geringe Größe und die schmale und spitzige Form der Schalen gekennzeichnet. Bei älteren Tieren sind jedoch die Schalenspitzen häufig abgerundet. Das Trittsiegel ist etwa 4,5 cm lang und 3 cm breit, wobei zwischen Bock und Gaiss kein erheblicher Größenunterschied vorhanden ist.
Fährte  Ziehend ist die Schränkung gewöhnlich gering. Die Trittsiegel sind etwas nach außen gewandt und die Geäfter hinterlassen keinen Abdruck. Die Schrittlänge liegt etwa bei 60-90 cm. Der Hinterfuss wird meist in das Trittsiegel des Vorderfusses gesetzt. Die Vorderschalen sind häufig etwas gespreizt, die hinteren Schalen stehen jedoch dicht beieinander. Beim Trab stehen die Abdrücke beinahe auf einer Linie nach vorne gerichtet. Bei ruhigem Gang wird der Hinterfuss in den Abdruck des Vorderfusses gesetzt. Steigt die Geschwindigkeit vergrößert sich der Abstand zwischen Vorder- und Hinterfussabdruck. Beim Trab werden die Schalen häufig stark gespreizt und die Schrittlänge erreicht 100-140 cm. Auf der Flucht geht das Tier zu Sprüngen oder Galopp über. Hier werden dann auch Abdrücke der Geäfter sichtbar, die beinahe quer zum Vorderfussabdruck stehen, während sie im Hinterfussabdruck eher parallel gestellt sind. In der Sprungfährte sind die Schalen stets gespreizt, die Vorderschalen sehr stark V-förmig, die hinteren Schalen wesentlich weniger.
Hege   

Bejagung und Hege

Schusszeichen 

Rehwild zeichnet weniger deutlich aber in ähnlicher Weise wie Rotwild.

Aufbrechen 

Gute Erklärungen zum Aufbrechen und Ringeln an einem Stück Rehwild.

Wildbret 

Reh bietet wohl das beliebteste und vorzüglichste Wildbret. Es hat eine feine Faserstruktur, ist dunkelrot gefärbt, aromatisch und wohlschmeckend. Besonders Rücken und Keulen werden hoch geschätzt.
Für Liebhaber von Innereien gilt eine Rehleber als absoluter Gaumenschmaus. Wohl dem, der in den Genuss einer solchen kommt. Denn üblicherweise gehören Leber, Herz und Nieren zum so genannten „kleinen Jägerrecht“. D.h., der Waidmann darf die Innereien für den eigenen Verzehr beanspruchen.
Zur Weihnachtszeit hat dieses Wildbret Hochsaison.

Trophäen 

Geweih

Literatur

  • Rehwild in der Kulturlandschaft. (=Schriftenreihe des Landesjagdverband Bayern, Bd. 7), 1999
  • Benzel, Willy: Unser Rehwild im Spiegel des jagdlichen Zeitgeschehens. Teil 1. In: Wild und Hund, 73. Jg. (1970/71), S. 213-218
  • Benzel, Willy: Unser Rehwild im Spiegel des jagdlichen Zeitgeschehens. Teil 2. In: Wild und Hund, 73. Jg. (1970/71), S. 243-246
  • Benzel, Willy: Unser Rehwild im Spiegel des jagdlichen Zeitgeschehens. Teil 3. In: Wild und Hund, 73. Jg. (1970/71), S. 289-293
  • Benzel, Willy: Unser Rehwild im Spiegel des jagdlichen Zeitgeschehens. Teil 4. In: Wild und Hund, 73. Jg. (1970/71), S. 321-323
  • Hofmann, Reinhold R.: Wildtiere in Bildern zur vergleichenden Anatomie. Hannover: Schaper Verlag 2006
  • Kurt, Fred: Das Sozialverhalten des Rehes. Hamburg/Berlin: Paul Parey, 1968
  • Kurt, Fred: Rehwild. München: BLV, 1970
  • Kurt, Fred: Das Reh in der Kulturlandschaft. Hamburg/Berlin: Paul Parey, 1991
  • Guthörl, Volker: Unterrichtsreihe wildlebende Großtiere unserer Heimat. Am Beispiel von Reh, Rothirsch und Wildschwein. Bonn: DJV, 1994
  • Hespeler, Bruno: Rehwild heute. Neue Wege für Hege und Jagd. München: BLV, 1989, 7., neu bearb. Aufl. 2003
  • Orbach, Joachim: Wald, Wild und Waldbetriebsarten. In: LZ Rheinland, Ausgabe 32/2012, S. 42-43 Artikel zum Download
  • Raesfeld, Ferdinand von: Das Rehwild. Naturbeschreibung, Hege und Jagd der Rehe in freier Wildbahn. Berlin: Paul Parey, 1906;9. Aufl. Neubearbeitet von Alfred Hubertus Neuhaus, Dr. Karl
  • Schaich. Hamburg/Berlin: Paul Parey, 1978
  • Reimoser, Friedrich / Reimoser, Susanne: Lebensraum & Abschuss. Abschussdichten verschiedener Wildarten in den österreichischen Bezirken seit 1955. Teil 1: Rehwild. In: Österreichs Weidwerk 6/2005, S. 14-15
  • Zeiler, Hubert: Rehe im Wald. Wien: Österreichischer Jagd- und Fischerei Verlag, 2009
  • Zeiler, Hubert / Herberstein, Paul: Rehwild-Ansprechfibel. Wien: Österreichischer Jagd- und Fischerei Verlag, 2011
  • Zeiler, Hubert: Rehe ansprechen. Teil 2. In: Jagd in Tirol, 7-8/2011, S. 8-11
  • Reidar Andersen, Patrick Duncan, John D. C. Linnell (Hrsg.): The European Roe Deer: The Biology of Success. Scandinavian University Press, Oslo 1998, ISBN 82-00-37682-6.
  • Fred Kurt: Das Reh in der Kulturlandschaft. Ökologie, Sozialverhalten, Jagd und Hege. Kosmos Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 3-440-09397-2.
  • Ferdinand von Raesfeld, A. H. Neuhaus, K. Schaich: Das Rehwild. 9., neu bearbeitete Auflage. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2003, ISBN 3-440-09501-0.
  • Christoph Stubbe: Rehwild: Biologie, Ökologie, Hege und Jagd. 5., neu bearbeitete Auflage. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-440-11211-3.
  • Bundesjagdgesetz (BJagdG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. September 1976 (BGBl. I S. 2849), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. Mai 2013 (BGBl. I S. 1386) geändert worden ist
  • Wilfried Bützler: Rotwild – Biologie, Verhalten, Umwelt, Hege, blv Verlag, München 2001, ISBN 3-405-16174-6.