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Spargelartige
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Brand-Knabenkraut
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Lateinischer Name Synonyme
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Neotinea ustulata, (L.) R.M. Bateman, Pridgeon & M.W. Chase Brandknabenkraut, Angebranntes Knabenkraut
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Systematik
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Abteilung Unterabteilung Klasse
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Gefäßpflanzen (Tracheophyta, Sinnott) Samenpflanzen (Spermatophytina) Bedecktsamer (Magnoliopsida, Brongn.)
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Ordnung
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Spargelartige (Asparagales, Bromhead)
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Familie Unterfamilie Tribus Untertribus
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Orchideen (Orchidaceae, Juss.) Orchidoideae (Eaton) Orchideae ((Dressl. & Dods.) Verm.) Orchidinae (Verm.)
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Gattung Art
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Neotinea (Rchb. f.) Brand-Knabenkraut
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Allgemeines
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Status
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Wie alle in Europa vorkommenden Orchideenarten steht auch das Brand-Knabenkraut unter dem strengen Schutz europäischer und nationaler Gesetze. Das Brand-Knabenkraut gilt in Deutschland als stark gefährdet.
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Wissenswertes
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Das Brand-Knabenkraut zählte früher zur Gattung der Knabenkräuter (Orchis). Nach neueren molekulargenetischen Forschungen wird die Art zur Gattung Neotinea gerechnet. Der Name nimmt Bezug auf die schwarze Färbung des aufblühenden Blütenstandes. Bei einer Revision der Orchideenarten auf der Basis von genetischen Merkmalen wurde das Brand-Knabenkraut gemeinsam mit einigen weiteren Arten in die bis dahin monotypische Gattung Neotinea als Neotinea ustulata (L.) R.M. Bateman, Pridgeon & M.W. Chase eingeordnet. Dieser Einstufung wird heute überwiegend gefolgt Die Art ist kalkliebend und besiedelt vor allem wärmeexponierte Wiesen der Mittel- und Hochgebirge. Das Brand-Knabenkraut tritt in zwei Varietäten auf, die sich vor allem hinsichtlich der Blütezeit, aber auch morphologisch unterscheiden:
- Neotinea ustulata var. ustulata zeichnet sich durch eher niedrigen und gedrungenen Wuchs sowie gedrängte, an der Spitze rundliche Ähren aus. Die Varietät blüht hauptsächlich im Mai oder Juni, gelegentlich auch im April.
- Neotinea ustulata var. aestivalis (Kümpel) Tali, M.F.Fay & R.M.Bateman zeigt dagegen eher hohen und gestreckten Wuchs sowie lockerblütige, zugespitzte Ähren. Sie blüht später als die Nominatform, im Juli oder August. Der wissenschaftliche Name der Varietät leitet sich von dem Lateinischen aestivalis (sommerlich, Sommer) ab.
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Herkunft
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Einheimisch
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Vorkommen
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Das Verbreitungsareal des Brand-Knabenkrautes erstreckt sich von Nordspanien über Mitteleuropa, die Alpenländer, Südskandinavien, Osteuropa bis nach Mittelsibirien und zum Kaukasus. Im Mittelmeerraum einschließlich Nordafrika ist das Brand-Knabenkraut selten. Es wird entsprechend seiner Verbreitung als mediterran, submediterran und atlantisch eingeordnet und als Florenelement der meridional/montanen, submeridionalen und temperaten Florenzone eingestuft.
- In Deutschland ist das Brand-Knabenkraut verbreitet am Alpenrand anzutreffen, zerstreut im übrigen Bayern (Altmühltal, Lechtalheiden, Fränkische Alb, Maintal, Spessart). Auch in Baden-Württemberg tritt es zerstreut auf, vor allem am Oberrhein und auf der Schwäbischen Alb. Seltener ist es in Rheinland-Pfalz und im Saarland (Region Mosel - Eifel). Weiter nördlich trifft man es nur selten bis sehr selten an, so im äußersten Südwesten Nordrhein-Westfalens, in Hessen, Thüringen und nurmehr vereinzelt in Sachsen-Anhalt und Sachsen. In Brandenburg und inzwischen offenbar auch in Südniedersachsen ist die Art ausgestorben. Aaus den übrigen Bundesländern sind keine Vorkommen bekannt.
- In Österreich kommt die Art zerstreut in allen Bundesländern vor, mit Schwerpunkt in den alpinen Kalkgebieten.
- Auch in der Schweiz findet sie sich nahezu im gesamten Gebiet. Die Fundpunkte häufen sich aber im Jura, in der Innerschweiz, im Rheintal und in den Südalpen, hingegen ist sie im Mittelland sehr selten geworden.
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Aussehen und Merkmale
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Erscheinungsbild
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Das Brand-Knabenkraut ist ein zierlicher, sommergrüner, ausdauernder, krautig wachsender Knollengeophyt mit zwei kleinen, kugeligen bis eiförmigen Knollen als Überdauerungsorgan. Diese sind mit zahlreichen, sprossbildenden Nebenwurzeln versehen, so dass die Pflanze zur Büschelbildung neigt.
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Wachstums- bedingungen
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Das Brand-Knabenkraut wächst in Mitteleuropa auf Trocken- und Halbtrockenrasen, Streuwiesen, Magerwiesen und Bergmatten bis 2000 m, seltener in lichten Kiefern- oder Laubwäldern sowie in trockeneren Bereichen von Feuchtwiesen. Dabei benötigt diese Pflanzenart wechselfeuchte, basische, selten auch kalkfreie Böden mit einem pH-Wert von 6,0 bis 8,0. Die Art gilt als sehr heliophil und tritt meist auf vollbesonnten Standorten mit Beleuchtungsintensitäten bis über 80.000 Lux auf.
Sie hat in Mitteleuropa Vorkommen in folgenden Verbänden des pflanzensoziologischen Systems:
- Geranion sanguinei. Blutstorchschnabel-Saumgesellschaften kalkreicher Standorte
- Mesobromion. Trespen-(Halb)-Trockenrasen, oder subozeanischer Kalk-Magerrasen,
- Cirsio-Brachypodion. Kratzdistel-Zwenkenrasen, oder subkontinentaler Kalk-Magerrasen
- Arrhenatherion. Glatthaferwiese (nur magere, stickstoffarme Varianten)
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Wuchshöhe
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bis ca. 80 cm
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Blätter-Beschreibung
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Die fünf bis zehn Laubblätter sind bläulichgrün, ungefleckt und lanzettlich. Sie sind etwa 3 bis 10 Zentimeter lang, etwa 0,5 bis 2 Zentimeter breit und werden zum Blütenstand hin kleiner. Die Blätter umfassen den Stängel scheidig und am Grund rosettig.
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Stängel
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Der schlanke, runde Stängel erreicht Wuchshöhen von 10 bis 50 Zentimetern, er kann maximal 80 Zentimeter hoch werden.
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Wurzelsystem
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Zwei kleine, kugelige bis eiförmigen Knollen als Überdauerungsorgan. Diese sind mit zahlreichen, sprossbildenden Nebenwurzeln versehen.
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Bestäubung
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Als Bestäuber für Neotinea ustulata var. ustulata wird die Raupenfliege (Echinomyia magnicornis) genannt; für Neotinea ustulata var. aestivalis der Bockkäfer Leptura livida und verschiedene Hummel-Arten. Der Fruchtansatz ist meist relativ hoch.
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Blütezeit
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Aufgrund der beträchtlichen ökologischen und geographischen Varianz erstreckt sich die Blütezeit der Art in Mitteleuropa insgesamt von April bis August. Dabei ist Neotinea ustulata var. ustulata frühblühend, Neotinea ustulata var. aestivalis spätblühend. Die einzelne Pflanze blüht etwa drei Wochen lang. An Standorten in milden Gegenden kann das Blühen von Neotinea ustulata var. ustulata schon im letzten Aprildrittel beginnen; in den Alpen dagegen blüht sie oft erst im Juni auf. Da Neotinea ustulata var. aestivalis offenbar eher in mittleren Lagen auftritt, blüht sie etwas einheitlicher von Juli bis August.
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Blüten
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Der Blütenstand ist reichblütig mit vielen sehr kleinen Blüten in einer walzenförmigen Ähre, die sich im Verlauf der Blüte streckt. Die häutigen Tragblätter sind nur wenig kürzer als der Fruchtknoten. Die Kronblätter (Petalen) und Kelchblätter (Sepalen) bilden einen 3 bis 4 Millimeter großen, fast kugelförmigen Helm, der außen dunkelpurpurn bis schwarz gefärbt ist. Die Lippe (Labellum) ist etwa 5 bis 8 Millimeter groß, tief dreilappig und weiß bis rosa gepunktet (selten reinweiß). Der Sporn ist etwa 1 bis 2 Millimeter lang, nach unten gerichtet und etwa halb so lang wie der Fruchtknoten.
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Frucht und Samen
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Der Same dieser Orchidee enthält keinerlei Nährgewebe für den Keimling. Die Keimung erfolgt daher nur bei Infektion durch einen Wurzelpilz (Mykorrhiza). Die Dauer von der Keimung bis zur Entwicklung der blühfähigen Pflanze konnte noch nicht hinreichend bestimmt werden.
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Fruchtart
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Fruchtreife
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Geschlecht
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Häusigkeit
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Chromosomenzahl
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diploid, 2n = 42
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Frosthärte
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Pflanzenerkrankung
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Schädlinge
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Futter
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Gift
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Giftigkeit für Menschen
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Giftigkeit für Tiere
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Medizinische Verwendung
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Imkerwerte
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Keine bekannt
Bestäuber sind:
- Bockkäfer (Leptura livida)
- Raupenfliege (Echinomyia magnicornis)
- verschiedene Hummel-Arten
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Nektar
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Pollen
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Pollenfarbe
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Propolis
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Blumenuhr
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Literatur
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Jagdlich
- Thiermeyer, Carl: Bergaurikel, Knabenkraut. In: Wild und Hund, 84. Jg. (1981/82), 2/1981, S. 49
Standardliteratur über Orchideen
- Hans Sundermann: Europäische und mediterrane Orchideen. 2. Auflage. Brücke, Hildesheim 1975, ISBN 3-87105-010-5.
- Karl-Peter Buttler: Orchideen. Die wildwachsenden Arten und Unterarten Europas, Vorderasiens und Nordafrikas (= Steinbachs Naturführer. 15). Mosaik, München 1986, ISBN 3-570-04403-3.
- Arbeitskreise Heimische Orchideen (Hrsg.): Die Orchideen Deutschlands. Arbeitskreise Heimische Orchideen, Uhlstädt-Kirchhasel 2005, ISBN 3-00-014853-1.
- Helmut Baumann, Siegfried Künkele: Die wildwachsenden Orchideen Europas. Franckh, Stuttgart 1982, ISBN 3-440-05068-8.
- Robert L. Dressler: Die Orchideen - Biologie und Systematik der Orchidaceae (Originaltitel: The Orchids. Natural History and Classification. Harvard University Press, Cambridge, Mass. u. a. 1981). Übersetzt von Guido J. Braem unter Mitwirkung von Marion Zerbst. Bechtermünz, Augsburg 1996, ISBN 3-86047-413-8 (gutes Werk zum Thema Systematik).
- John G. Williams, Andrew E. Williams, Norman Arlott: Orchideen Europas mit Nordafrika und Kleinasien (= BLV-Bestimmungsbuch. 25). Übersetzt, bearbeitet und ergänzt von Karl Peter Buttler und Angelika Rommel. BLV, München/Bern/Wien 1979, ISBN 3-405-11901-4.
Spezielle Literatur
- R. M. Bateman, P. M. Hollingsworth, J. Preston, Y.-B. Luo, A. M. Pridgeon, M. W. Chase: Molecular phylogenetics and evolution of Orchidinae and selected Habenariinae (Orchidaceae). In: Botanical journal of the Linnean Society. Band 142, Nr. 1, 2003, ISSN 0024-4074, S. 1–40, doi:10.1046/j.1095-8339.2003.00157.x, PDF-Datei (Memento vom 19. Februar 2012 im Internet Archive).
Spezielle Literatur zum Brand-Knabenkraut
- E. Henke: Orchis ustulata auf der Peloponnes. In: Berichte aus den Arbeitskreisen Heimische Orchideen. Band 1, Nr. 1, 1984, Friedberg, ISSN 0176-2745, S. 92.
- S. Hammel: Das Brandknabenkraut (Orchis ustulata L. 1753) – die Orchidee des Jahres 2005 in Deutschland. In: Journal Europäischer Orchideen. Band 37, Nr. 1, 2005, AHO Baden-Württemberg, Stuttgart, ISSN 0945-7909, S. 3–46.
- S. Hammel: Das Brandknabenkraut (Orchis ustulata L. 1753) in Baden-Württemberg. In: Journal Europäischer Orchideen. Band 37, Nr. 1, 2005, AHO Baden-Württemberg, Stuttgart, ISSN 0945-7909, S. 47–88.
- Kadri Tali, Michael J. Y. Foley, Tiiu Kull: Biological Flora of the British Isles. No. 232. Orchis ustulata L. In: Journal of Ecology. Band 92, Nr. 1, 2004, ISSN 0022-0477, S. 174–184, doi: 10.1111/j.1365-2745.2004.00858.x.
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