Die Waldkiefer (Pinus sylvestris), auch Gemeine Kiefer, Rotföhre, Weisskiefer oder Forche genannt, ist eine Pflanzenart in der Gattung der Kiefern (Pinus) aus der Familie der Kieferngewächse (Pinaceae). Um ihre Zugehörigkeit zur Gattung der Kiefern zu betonen, ist in der Botanik die Bindestrichschreibweise Wald-Kiefer verbreitet.
Die Waldkiefer ist aus forst- und holzwirtschaftlichen Gründen eine der meistverbreiteten Baumarten Deutschlands. Deutlich seltener kommen auch natürliche Kiefernwälder vor.
Die Waldkiefer ist ein schnellwüchsiger immergrüner Nadelbaum. Sie kann Wipfelhöhen bis 48 m und Stammdurchmesser bis zu 1 m erreichen. Ihr erreichbares Alter beträgt ca. 600 Jahre.
Die Waldkiefer ist in der Wuchsform sehr variabel. Je nach Standort kommen schmale kegelförmige oder breite schirmförmige Kronen vor. Die Aststockwerke sind locker aufgebaut. Ältere Bäume haben oftmals eine halbkugelige Krone und einen vollholzigen langen Stamm, bei dem die unteren Äste abgestorben sind. Auf Standorten mit geringer Substratauflage, auf Felsuntergrund oder als Windflüchter an Küsten bildet die Waldkiefer eine ausladende Schirmkrone aus.
Die Borke ist in der Jugend glatt graugelb. Später bilden sich im unteren Stammbereich braunrote, tiefrissige und grobe Schuppen, im oberen Stammbereich die orange, dünne Spiegelrinde. Die Stämme der älteren Waldkiefern sind somit deutlich zweifarbig. Oft lösen sich von der Spiegelrinde glänzende Platten, die pergamentartig dünn sind.
Die mehrjährigen Nadeln sind mehr oder weniger gedreht, paarweise in einer Nadelscheide (Kurztrieb) zusammengefasst und 4 bis 7 cm lang. Ihre Farbe ist blaugrün. Die Nadeln sind meist starr und spitz, im beschatteten Kronenbereich jedoch oft weicher. Histologisch finden sich zwei Harzkanäle, die den Zentralzylinder mit den darin verlaufenden zwei Leitbündeln begleiten. Belüftung und Verdunstung werden wie bei Laubblättern über kleine Poren, die sog. Stomata reguliert.
Die männlichen Blüten entstehen zahlreich um die Basis der jüngsten Langtriebe. Unreif sind sie zunächst kugel- bis eiförmig und grün-gelb. Aufgeblüht werden sie etwa zwei Zentimeter lang, sind walzenförmig und rotbraun bis braun mit gelbem Blütenstaub.
Am Ende der Kurztriebe stehen ein bis drei weibliche Blüten. Diese sind rötlich und werden etwa 5 bis 8 Zentimeter lang. In den weiblichen Blüten bilden sich nach der Bestäubung und Befruchtung die Samen. Die Stiele der weiblichen Zapfen biegen sich nach der Befruchtung zum Zweig hin.
Blütezeit ist von April bis Mai. Die Verbreitung des Pollens erfolgt durch den Wind. Die befruchteten weiblichen Zapfen sind anfangs dunkelgrün und reifen erst im November des zweiten Jahres. Die reifen, dunkelgraubraunen, eikegelförmigen Zapfen sind bis zu 8 Zentimeter lang und 3,5 Zentimeter breit. Sie sitzen zu zweit oder in Gruppen an gekrümmten Stielen. Nach Freigabe der geflügelten Samen, die durch den Wind verbreitet werden, fallen diese Zapfen als Ganzes ab.
Ausser bei Keimpflanzen stehen die Nadeln ausschliesslich zu zweit an Kurztrieben. Jung sind sie von häutigen Niederblättern geschützt.
Die Nadelspitzen wirken als Kondensationspunkte, das heisst sie fördern die Taubildung und dienen so der zusätzlichen Wassergewinnung. Die Nadeln fallen gemeinsam mit dem dazugehörigen Kurztrieb ab. Gewöhnlich geschieht dies nach 3 Jahren, in Gebieten von hoher Luftverschmutzung auch schon im zweiten Jahr. Ausserdem bleiben die Nadeln bei Luftverschmutzung kürzer.
Die Nadeln zeigen ausgesprochene Trockenheitsanpassungen, besonders gegen Frosttrocknis. Durch stark verdickte Zellwände der Epidermis und Hypodermis sind sie ledrig-derb (Skleromorphie). Die Spaltöffnungen sind zum Transpirationsschutz eingesenkt. Zum Teil ist dies auch als Anpassung an nährstoffarme Böden zu verstehen (Peinomorphose).
Alle Zweige und der Terminaltrieb verlängern sich jährlich um einen Langtrieb. Durch das Zählen der Astquirle ist somit eine Altersabschätzung leicht möglich.
Die Pfahlwurzel reicht bis in 6 Meter Tiefe. Sie zeigt endotrophe Mykorrhiza beispielsweise mit Fliegenpilz, Reizker-Arten und Butterröhrling.
Die Waldkiefer ist windblütig (Unbeweglicher Typ). Der Pollen hat Luftsäcke und kann mehrere Kilometer weit fliegen. Die Blüten sind einhäusig und vormännlich. Die männlichen Blüten stehen büschelig gedrängt in der unteren Hälfte diesjähriger Langtriebe. Staubblätter sind zahlreich, spiralig angeordnet, auf je zwei Pollensäcke reduziert. Wegen der überreichen Pollenproduktion kommt es zur Hauptblütezeit oft zum Phänomen des „Schwefelregens“. Selbst in Grossstädten wie Berlin kann man große Flächen des gelben, staubartigen Niederschlags finden, besonders auf Regenpfützen. Ungeachtet der Windblütigkeit stellt der Kiefernpollen eine wichtige Nahrungsquelle für Bienen dar. Die roten weiblichen Blütenstände (=Zapfen) stehen seitlich an der Spitze von Langtrieben. Sie bestehen aus zahlreichen, spiralig angeordneten Deckschuppen und jeweils einer Samenschuppe mit zwei zur Achse gerichteten Samenanlagen in deren Achseln.
Nach der Bestäubung wächst der Pollenschlauch nur sehr langsam, so dass die Befruchtung erst im folgenden Jahr in den inzwischen etwas herangewachsenen, noch grünen und völlig geschlossenen Zapfen stattfindet.
Die Waldkiefer ist ab etwa 10 bis 15 Jahren blühfähig. Sie ist als Heuschnupfenerreger unbedeutend.
Die Samen reifen im Herbst des 2. Jahres und werden erst im Frühjahr des 3. Jahres aus den Zapfen entlassen. Die Samenschuppen sind dann verholzt und haben die Deckschuppen überwachsen. Das bekannte Öffnen und Schliessen der Kiefernzapfen als Wetterpropheten beruht auf hygroskopischen Bewegungen und zeigt somit unterschiedliche Witterungsverhältnisse an: Bei feuchtem Wetter quillt die Unterseite (=Aussenseite) der Samenschuppen stärker als die Oberseite und der Zapfen schliesst sich. Bei Trockenheit spreizen die Zapfen und entlassen den geflügelte Samen. Der Vorgang lässt sich im Experiment nachvollziehen: In Wasser eingetauchte trockene Zapfen sind nach ca. 2 Stunden geschlossen.
Die Samen werden durch den Wind als Drehflieger verbreitet. Sie liegen in zwei Formen vor: Die kurzflügelige Form hat Mindestflugweiten von 150 Metern, die langflügelige solche von ca. 1000 Metern. Daneben kommt Bearbeitungsverbreitung durch Spechte und Eichhörnchen sowie Wasserhaftausbreitung vor. Die Samen speichern fettes Öl. Sie sind Lichtkeimer. Der Keimling hat vier bis sieben Keimblätter.
Das Hauptverbreitungsgebiet umfasst Europa bis weit nach Sibirien. Es reicht im Norden bis Lappland, im Süden bis in den äußersten Nordwesten Spaniens und in die Türkei (nordisch-eurasiatisch-kontinentales Areal). In Westeuropa (Frankreich und Schottland) ist sie zerstreut anzutreffen, in den südlichen Arealteilen beinahe ausschliesslich Reliktvorkommen im Gebirge, die vielfach als eigene Unterarten (oder lokale Varietäten) beschrieben worden sind (catalaunica, cretacea, iberica, nevadensis, pyrenaica, rhodopea und romanica) . In Deutschland ist sie vor allem in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen sowie in den nördlichen Teilen Sachsens anzutreffen.
Die Waldkiefer ist eine anspruchslose Baumart und tolerant gegenüber vielen Böden und Klimaten. Mit ihrem Pfahlwurzelsystem kann sie auch zu tiefer liegenden Wasserschichten vordringen. Kiefernwald wächst von Natur aus auf armen, trockenen Böden auf sandigen und moorigen Standorten sowie auf trockenen Kalkböden, da hier das Durchsetzungsvermögen anderer Baumarten geschwächt ist. Ihr Zeigerwert für magerste Waldstandorte ist jedoch ohne Bedeutung, da sie vom Menschen auch auf bessere Standorte verbracht wurde und dort bestandsbildend ist. Natürliche Kiefernwälder kommen vor allem unter subkontinentalen Klimabedingungen vor und meiden den atlantischen Westen Europas.
Forscher haben festgestellt, dass die Waldkiefer nach der Tschernobyl-Katastrophe ihr Erbgut durch verstärkte DNA-Methylierung verändert hat und sich so vor den Folgen radioaktiver Strahlung schützt .
Im Alpenraum kommen Waldkiefern mit etwas abweichenden Merkmalen vor, die als Engadiner Waldkiefer (Pinus sylvestris L. subsp. engadinensis (Heer) Asch. & Graebn.) bezeichnet werden. Vereinzelte Funde entsprechend eingeordneter Individuen liegen auch aus den Bayrischen Alpen vor. Von anderen Autoren wird die Sippe nur als Varietät der Waldkiefer betrachtet, vereinzelt auch als echte Art. Ursprung der Engadiner Waldkiefer ist offensichtlich Hybridisierung mit der verwandten Bergkiefer (Pinus mugo) und (möglicherweise stabilisierte) Rückkreuzungsschwärme mit der Waldkiefer, also eine hybridogen entstandene Sippe. Es wird neuerdings auch ins Gespräch gebracht, dass es sich bei der Engadiner Waldkiefer um direkte (primäre) Hybriden zwischen den Arten handeln könnte
Bei der Bestimmung der Waldkiefer kann es bei oberflächlicher Betrachtung zur Verwechslung mit der Schwarzkiefer kommen. Die Arten unterscheiden sich aber im Habitus. Da beide Baumarten ausserdem eine unterschiedliche Drehung der Nadeln besitzen, ist es relativ einfach, sie daran zu unterscheiden. Bei der Waldkiefer lassen sich die beiden Nadeln am Kurztrieb nicht zu „einer Nadel“ zusammenfassen, wohingegen dies bei der Schwarzkiefer problemlos möglich ist. Die Schwarzkiefer bildet im oberen Stammbereich keine Spiegelborke aus; die Farbe der Rinde ist abweichend. Die Zapfen sind farblich und in der Größe stark verschieden; auch die Nadeln sind unterschiedlich groß.
Viele auf der Waldkiefer lebende Insektenarten werden aus forstwirtschaftlicher Sicht in Mitteleuropa immer noch als Schädlinge angesehen. Es entspricht zwar der Tatsache, dass das in manchen Jahren vermehrte Auftreten einiger Arten zu ökonomischen Einbussen in der Forstwirtschaft führen kann, es sollte jedoch noch mehr als bisher, gerade im Hinblick auf den in den letzten Jahren bedrohlich voranschreitenden Artenrückgang, auch ein Blick auf die ökologischen Zusammenhänge gelegt werden. Viele Insektenarten die noch vor wenigen Jahren als Forstschädlinge angesehen wurden, sind heute in Deutschland und vielen anderen europäischen Staaten so selten geworden, dass sie unter strengen Artenschutz gestellt werden mussten. Andere sind bereits verschollen oder ausgestorben. Nachfolgend werden einige Arten beschrieben, die auf die Waldkiefer als Nahrungspflanze angewiesen sind.