Klasse Lateinischer Name
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Säugetiere Mammalia, Linnæus 1758
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Systematik
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Überstamm Stamm Unterstamm
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Neumünder (Deuterostomia, Grobben 1908) Chordatiere (Chordata, Bateson 1885) Wirbeltiere (Vertebrata, Cuvier 1812)
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Überklasse Reihe Ohne Rang Ohne Rang
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Kiefermäuler (Gnathostomata, Zittel 1879) Landwirbeltiere (Tetrapoda, Broili 1913) Amnioten (Amniota, Haeckel 1866) Synapsiden (Synapsida, Osborn 1903)
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Klasse Ohne Rang
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Säugetiere (Mammalia, Linnæus 1758) Theria (Parker & Haswell 1897)
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Unterklassen
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- Beutelsäuger (Metatheria, Huxley 1880)
- Höhere Säugetiere (Eutheria, Huxley 1880)
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Allgemeines |
Wissenswertes
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Die Säugetiere sind eine Klasse der Wirbeltiere. Zu ihren kennzeichnenden Merkmalen gehören das Säugen des Nachwuchses mit Milch, die in den Milchdrüsen der Weibchen produziert wird, sowie das Fell aus Haaren, das sie in Kombination mit der gleichwarmen Körpertemperatur relativ unabhängig von der Umgebungstemperatur macht. Bis auf wenige Ausnahmen sind Säugetiere lebendgebärend. Säugetiere sind an Land am artenreichsten verbreitet, doch bevölkern sie auch Luft und Wasser. Das Verhaltensspektrum der Säugetiere ist breit und flexibel, einige Gruppen zeigen komplexe soziale Gefüge. Sie werden in drei Unterklassen eingeteilt:
- die Beutelsäuger (Metatheria) und
- die eierlegenden Ursäuger (Protheria),
- die Höheren Säugetiere oder Plazentatiere (Eutheria), zu welchen auch der Mensch zählt.
Diejenige Richtung der speziellen Zoologie, die sich der Erforschung der Säugetiere widmet, wird als Mammalogie bezeichnet.
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Haare
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Ein Fellkleid aus Haaren ist eines der wichtigsten Merkmale der Säugetiere. Auch wenn manche Arten, zum Beispiel die Wale, praktisch haarlos sind, haben sie sich doch aus behaarten Vorfahren entwickelt und zeigen zumindest in ihrer Embryonalentwicklung Haarwuchs. Die meisten Säugetierarten sind zeit ihres Lebens am überwiegenden Teil des Körpers behaart. Haare bestehen hauptsächlich aus dem Protein Keratin. Die Haare der Tiere können mehrere Funktionen haben:
- Haare spielen auch für den Tastsinn eine Rolle. Besonders ausgeprägt ist diese Funktion bei den Tasthaaren (Vibrissen), die durch spezielle Muskeln bewegt werden können und mit Nervenfasern und Mechanorezeptoren ausgestattet sind.
- Das Haarkleid kann auch Unterschiede der Geschlechter markieren (Löwenmähne, Gesichts- und Brustbehaarung beim Menschen).
- Das Fell dient der Wärmeregulierung, es isoliert bei Kälte und schützt manchmal auch bei heissem Wetter. Diese Isolierung ist eine wichtige Voraussetzung für die Homoiothermie (die gleichwarme Körpertemperatur).
- Eine spezielle Färbung und Anordnung der Haare dient dem Sichtschutz und der Tarnung sowohl von Beutetieren als auch von Jägern. Verschiedene Säugetierarten verändern zu diesem Zweck jahreszeitlich ihre Fellfarbe (z.B. Schneehasen und Polarfüchse). Eine auffällige Fellzeichnung kann auch der Warnung gegenüber Fressfeinden dienen (z.B. bei den Skunks).
- Haare können auch der Kommunikation dienen, zum Beispiel die aufgerichteten Nackenhaare des Wolfs oder der aufgerichtete weisse Schwanz des Weisswedelhirsches als Fluchtsignal.
- Bei einer Reihe von Säugetieren, zum Beispiel bei Stacheligeln, Stachelschweinen und Ameisenigeln hat sich ein Teil der Haare zu Stacheln entwickelt, die zusätzlichen Schutz vor Fressfeinden gewähren.
Haare können auch eine Filter- oder Reusenfunktion als Schutz von Sinnesorganen oder der Atemluft vor Fremdkörpern einnehmen wie etwa Nasenhaare, Ohrenhaare, Wimpern und Augenbrauen bei Primaten.
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Gebiss
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Säugetiere sind in der Regel durch ein heterodontes Gebiss mit vier verschiedenen Zahntypen charakterisiert. Die Zahl der einzelnen Zahntypen wird mit der Zahnformel wiedergegeben. Ein heterodontes Gebiss ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal von den homodonten (gleichförmigen) Gebissen der Reptilien und vor allem bei der Einordnung von Fossilien von Bedeutung. Bei den meisten Säugetieren gibt es einen einmaligen Zahnwechsel (Diphyodontie). Zunächst werden Milchzähne angelegt (lacteale Dentition), die später durch die „zweiten“ oder bleibenden Zähne (permanente Dentition) ersetzt werden. Lediglich die Molaren werden nicht ersetzt, sondern kommen erst mit den bleibenden Zähnen.
- Das Gebiss der Beutelsäuger (Metatheria) unterscheidet sich in einigen Aspekten von dem der Höheren Säugetiere, so haben alle Taxa mit Ausnahme der Wombats eine unterschiedliche Anzahl von Schneidezähnen im Ober- und Unterkiefer Beutelsäuger haben in vielen Fällen 40 bis 50 Zähne, also deutlich mehr als vergleichbare Plazentatiere.
- Eine Reihe von Säugetiergruppen besitzt wurzellose Zähne, die zeitlebens weiterwachsen und durch Abrieb abgenutzt werden. Dazu zählen beispielsweise die Nagezähne der Nagetiere oder die Stoßzähne der Elefanten, des Narwals, des Walrosses und anderer Arten.
- Die Ursäuger (Protheria) besitzen im Erwachsenenalter keine Zähne, lediglich die Schlüpflinge haben einen den Vögeln vergleichbaren Eizahn, mit dem sie die Eischale durchbohren.
- Die frühen Höheren Säugetiere (Eutheria) besassen eine Zahnformel von 3/3-1/1-4/4-3/3, insgesamt also 44 Zähne. Diese ursprüngliche Zahnformel findet sich noch bei manchen Arten, zum Beispiel dem Wildschwein, in den meisten Fällen ist es durch eine spezialisierte Ernährung zu einer Reduktion der Anzahl der Zähne gekommen. Einige wenige Taxa, zum Beispiel die Ameisenbären oder die Schuppentiere, sind gänzlich zahnlos geworden. Der umgekehrte Fall, eine evolutionsbedingte Erhöhung der Anzahl der Zähne, ist nur in wenigen Fällen eingetreten: Das Riesengürteltier (Priodontes maximus) hat bis zu 100 stiftartige Zähne in der röhrenförmigen Schnauze, die höchste Zahl aller Landsäugetiere. Einen Sonderfall stellen die Zahnwale dar, deren Zähne wieder gleichförmig (homodont) geworden sind. Die Anzahl kann bei manchen Delfinarten bei 260 Zähnen liegen.
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Gehörknöchelchen
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Ein Exklusivmerkmal der Säugetiere sind die drei Gehörknöchelchen Hammer (Malleus), Amboss (Incus) und Steigbügel (Stapes). Diese befinden sich im Mittelohr, sie nehmen die Schwingungen des Trommelfells auf und leiten sie an das ovale Fenster des Innenohres weiter.
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Kiefergelenk
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Bei den anderen Wirbeltieren bilden Quadratum und Articulare das primäre Kiefergelenk, welches bei den Säugetieren während der fetalen Entwicklung durch ein an anderer Stelle entstehendes, sekundäres Kiefergelenk ersetzt wird. Dieses wird von den Deckknochen Dentale und Squamosum gebildet. Der Übergang vom primären zum sekundären Kiefergelenk wurde funktionell möglich, als die Gelenkachsen beider infolge der Größenzunahme des Gehirns bzw. Hirnschädels bei den Cynodontia in eine Linie zusammenfielen.
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weitere Exklusivmerkmale
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- Säugetiere haben, zusammen mit den Vögeln, einen doppelten Blutkreislauf, einen Lungen- und einen Körperkreislauf. Das Herz ist in vier Kammern, zwei Vorhöfe und zwei Hauptkammern, unterteilt. Die beiden Herzhälften, eine linke mit sauerstoffreichem und eine rechte mit sauerstoffarmem Blut, sind durch eine vollständige Scheidewand getrennt, außer beim Fötus (Foramen ovale).
- Der Schädel ist ein modifizierter synapsider Schädel. Das heisst, bei den Vorfahren der Säuger war ein einzelnes Schädelfenster im Schläfenbereich vorhanden, das bei den Säugetieren verschlossen und nur noch anhand des Vorhandenseins des Jochbogens erkennbar ist.
- Die Säugetiere haben einen sekundären Gaumen entwickelt. Er erlaubt (außer beim Menschen) das Atmen bei gleichzeitiger Nahrungsaufnahme. Ein Kehldeckel (Epiglottis) verschliesst beim Schlucken den Kehlkopf, um das Eindringen von Nahrung in die Luftröhre zu verhindern. Ausser bei den Kloakentieren wird der Kehlkopf zum grössten Teil vom Schildknorpel (Cartilago thyreoidea) gebildet.
- Säugetiere besitzen als einzige Tiergruppe ein Zwerchfell, einen flächigen Muskel, der Brust- und Bauchhöhle voneinander trennt.
- Das Gehirn ist vergleichsweise gut entwickelt, der Neocortex ist ein Exklusivmerkmal.
- Die Roten Blutkörperchen der Säugetiere haben keinen Zellkern und keine sonstigen Organellen.
- Neben den Vögeln sind die Säugetiere die einzige Tiergruppe, in deren Nieren sich Henle’sche Schleifen (Ansae nephricae) befinden, wodurch sie zur Rückresorption von Wasser aus dem Primärharn fähig sind.
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Literatur
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- Ronald M. Nowak: Walker’s mammals of the world. 6. Auflage. Johns Hopkins University Press, Baltimore 1999, ISBN 0-8018-5789-9.
- Zhe-Xi Luo, Zofia Kielan-Jaworowska, Richard L. Cifelli: In quest for a Phylogeny of Mesozoic mammals. in: Acta Palaeontologica Polonica. PAN, Warszawa 47.2002,1, 1–78, ISSN 0567-7920
- Bernhard Grzimek: Grzimeks Tierleben. Enzyklopädie des Tierreichs. Bechtermünz, 2001, ISBN 3-8289-1603-1 (Säugetiere in Band 10 bis 13)
- Gerhard Storch: Mammalia, Säugetiere. In: Wilfried Westheide, Reinhard Rieger (Hrsg.): Spezielle Zoologie. Teil 2: Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg – Berlin 2004, 712 Seiten, ISBN 3-8274-0307-3, S. 445–471
- Eckhard Grimmberger: Die Säugetiere Deutschlands. Beobachten und Bestimmen. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2014, ISBN 978-3-494-01539-2
- T. S. Kemp: The Origin & Evolution of Mammals. Oxford University Press, Oxford 2005, ISBN 0-19-850761-5
- Malcolm C. McKenna, Susan K. Bell: Classification of Mammals. Above the Species Level. Columbia University Press, New York 2000, ISBN 0-231-11013-8
- D. E. Wilson, D. M. Reeder: Mammal Species of the World. Johns Hopkins University Press, Baltimore 2005, ISBN 0-8018-8221-4
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