Hirschgerechte Zeichen
Hirschgerechte Zeichen sind die Pirschzeichen des Hirsches, die es ermöglichen diesen vom Tier zu unterscheiden, sein Alter und Gewicht zu schätzen und auch einen bestimmten Hirsch an der Fährte wieder zu erkennen.
Unterschieden wird nach Fährtenzeichen und Zeichen, die nicht mit der Fährte in Verbindung stehen. In dem französischen Buch "La chasse du cerf" (Mitte des 13. Jahrhundert) über die Parforcejagd wurden bereits einige Hirschgerechte Zeichen erwähnt. In einem Mitte des 14. Jahrhundert wahrscheinlich in Schwaben entstandenen Werk über die Hirschjagd, von dem nur Bruchstücke erhalten sind, die Th. G. Karajan unter dem Titel "Von den Zeichen des Hirsches" (1858 und 1881) veröffentlichte, wurden bereits 25 Hirschgerechte Zeichen erläutert. Sie waren für das Bestätigen des Hirsches von großer Bedeutung und haben auch heute noch Gültigkeit. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Bestätigen des Rothirsches anhand dieser Zeichen zu einer wahren Kunst entwickelt, die keine Parallele zu einer anderen Wildart aufweist. Im 18. Jahrhundert kannte der hirschgerechte Jäger 72 Zeichen (48 Fährtenzeichen und 24 Zeichen, die nicht mit der Fährte in Verbindung stehen). Sie wurden in wichtige Zeichen (Hauptzeichen) und in weniger wichtige Beizeichen (Nebenzeichen) eingeteilt.
Der hirschgerechte Jäger musste alle Hirschgerechte Zeichen beherrschen. Anhand der Fährte oder anderer Merkmale hatte er die Hirschfährte von der Tierfährte zu unterscheiden, um den Hirsch mit dem Leithund bestätigen zu können. Die Zahl der Hauptzeichen bewegte sich im Laufe der Jahrhunderte zwischen 7 und 22. Heute begnügt sich der Jäger mit sieben Hauptzeichen: Schrank, Burgstall, Zwang, Abtritt, Insiegel, Ballenzeichen und Geäfter.
Man unterteilte die hirschgerechten Zeichen in Fährtenzeichen und nicht zur Fährte in Verbindung stehenden Zeichen:
Fährtenzeichen
- Abgang, auch Absprung genannt, bezeichnet einen starken Richtungswechsel auf der kalten oder warmen Fährte bzw. Spur.
- Abtritt auch Abschnitt, Gräslein, Gräseln genannt, das Abtreten kurzer Halme die in der Fährte des Hirsches liegenbleiben, Kahlwild tritt das Gras nur nieder.
- Anstrich; die Fährte des Hirsches im Tau
- Ballen; Wulst unter den Schalen
- Beitritt ist eine Erscheinung im Fährtenbild des Hirsches, die entsteht, wenn der Hinterlauf neben dem Vorderlauf gesetzt wird, so dass beide Trittsiegel nebeneinander stehen. Der Beitritt entsteht auch beim hochbeschlagenen Tier.
- Beuchel, eiförmige Erhöhungen unterhalb der Trittsiegel beim Rotwild. Sie entstehen wenn flüchtiges Rotwild einen Hang bergab flüchtet.
- Bleizeichen sind „bleifarbende“ Fährtenabdrücke auf blankem Felsen. Sie entstehen durch Schalenabrieb beim Ziehen oder Flüchtigwerden über nacktes Gestein. Der Hirsch greift mit den Spitzen der Schalen so kräftig auf die Steine, dass eine glänzende Strichspur wie von Bleistift zurückbleibt.
- Blenden auch Mittelzeichen genannt entsteht, wenn der Hirsch mit dem Hinterlauf seitlich versetzt in das Trittsiegel des Vorderlaufes tritt, dadurch erscheint das Trittsiegel breiter.
- Burgstall, auch Bichel, Bürgel, Bühel, Hüberlein, Grimmen, Gronne, Krümme genannt, kleine Erhöhung im Trittsiegel. Entsteht infolge des Zwanges, wenn der Erdboden in die Hohle hineingeschoben wird.
- Einschlag sind die von den Hirschschalen beim Ziehen abgetrennten Grashalme, die sich in der Fährte wiederfinden.
- Ereilen, entsteht wenn der Hirsch das Trittsiegel des Hinterlaufes bis zur Hälfte in das Trittsiegel des Vorderlaufes setzt. Es kommt auch beim Alttier vor.
- Erfüllung , auch Zurückbleiben, Hinterlassen, Hinterlass genannt. Das Trittsiegel der Hinterläufe des Hirsches bleibt hinter dem Trittsiegel des Vorderlaufes zurück. Anzeichen für einen alten Hirsch, dessen Sehnen sich bereits versteift haben oder einen feisten Hirsch.
- Fädlein auch Faden genannt, bezeichnet bei Rotwild den schmalen Streifen Erde das „Näslein“, das sich durch den ganzen Spalt der Schalen hindurch zieht und über den Ballen geht.
- hohes Insiegel , das dadurch entsteht, dass der Hirsch beim Ziehen über morastigen Grund, mit den Schalen Bodenteile herausreisst, die umgeklappt liegenbleiben.
- Insiegel, auch Hirschschuch genannt, das dadurch entsteht, dass der Hirsch beim Ziehen über morastigen Grund oder Schnee, Boden bzw. Schnee an den Läufen hängenbleibt und erst später abfällt. Kommt auch beim Tier vor.
- Kranz , auch Kränzen genannt, der Abdruck der Schalenwände vom Schalenwild, insbesondere Rotwild, der vor allem auf hartem Untergrund nur als schmaler Kranz erscheint.
- Kreuztritt, auch Kreuzfährte, Kreuzfahrt genannt, der dadurch entsteht, dass das Trittsiegel des Hinterlaufes seitlich und rückwärts versetzt in den Trittsiegeln des Vorderlaufes liegt und somit 3 Ballen im Boden erscheinen. Kommt bei schweren Hirschen und hochbeschlagenen Alttieren vor.
- Lecklein
- Näslein, entsteht dadurch, dass zwischen den Schalen des Hirsches vorn häufig ein kleiner Erdstreifen stehenbleibt. Kommt auch beim Tier vor.
- Oberrücken auch Aberklaue, Afterklaue, Geäfter, Sparen, Sparren genannt, sind nach hinten stehende Klauen oberhalb der Schalen beim Schalenwild.
- Reif auch Reifchen, Reiflein genannt, schmale Erhebung im vorderen Teil des Trittsiegels beim Rotwild. Er entsteht, wenn der Hinterlauf nicht genau in das Trittsiegel des Vorderlaufes tritt.
- reine Fährte, die dadurch entsteht, dass das Fährtenbild des Hirsches sich klarer im nassen Sand oder lockeren Boden abzeichnet als die des Kahlwildes.
- Scheibchen, auch Scheubel genannt, das dadurch entsteht, das sich nach langer Trockenheit und wenig Regen, das Trittsiegel vom trockenen Untergrund abgehoben werden kann.
- Schlosstritt , Trittsiegel in der Mitte des Bettes, das beim Aufstehen des Hirsches durch den Hinterlauf entsteht.
- Schluss, entsteht durch das Absetzen des Hinterlaufes in das Trittsiegel des Vorderlaufes beim Rotwild.
- Schrank, auch Schränken, seltener voller Mann genannt, bezeichnet den seitigen Abstand der Tritte zueinander. Je weiter der Schrank umso breiter und schwerer das Stück.
- Schrittweite , auch Schrittlänge genannt, der Abstand der aufeinanderfolgen Trittsiegel.
Schrittweiten nach Georg Ludwig Hartig
Kalb im Sommer 33 cm
Kalb im Herbst 36 cm
Schmaltier im Sommer 41 cm
Spiesser 44 cm
Gabelhirsch / Alttier 51 cm
Hirsch von 6 Enden 52 cm
Hirsch von 8 Enden 54 cm
Hirsch von 10 Enden 59 cm
Hirsch von 12 Enden 61 cm
Hirsch von 14 Enden 62 cm
Hirsch von 16 Enden 63 cm - Stärke des Trittes bedeutet, dass der einzelne Schalenabdruck des Hirsches stärker ist als der des Tieres. Der Tritt eines Rothirsches vom zweiten Kopf ist bereits stärker als der eines Alttieres.
- Stümpfe, bezeichnen die abgenutzten Schalenspitzen beim Rotwild.
- Übereilen, tritt nur bei jungen Hirschen auf und beschreibt das Aufsetzen der Hinterläufe vor die Vorderläufe. Ein Hirsch der Übereilt nannte man früher auch Amblcur.
- übermächtiges Zwingen, entsteht durch einen starken Zwang. Dadurch wirkt das Trittsiegel der Hinterläufe erheblich kleiner als das der Vorderläufe, wodruch der Eindruck entsteht, dass die Trittsiegel nicht vom gleichen Hirsch stammen.
- Umschlag, auch Auswurf genannt, bezeichnet das Ausreissen und Umschlagen der Bodendecke durch die Schalen des Hirsches.
- Vierballenzeichen, entsteht wenn der Hirsch seinen Hinterlauf so versetzt in das Trittsiegel des Vorderlaufes setzt, dass die Ballen hintereinanderstehen.
- Widergang, auch Widersprung genannt, bezeichnet ein Stück, das durch mehrere Richtungswechsel wieder die ursprüngliche Fährte kreuzt oder wieder auf sie zurückkehrt.
- Zwang, auch Zwingen genannt. Beim Aufsetzen auf den Boden werden die Schalen zusammengedrückt, dadurch wird die Erde mit den Schalenspitzen nach hinten geschoben, es bildet sich eine Erhöhung im Trittsiegel, der sog. Burgstall.
Nicht in Verbindung zur Fährte stehende Zeichen
- Abbiss vom Rotwild gehört zu den hirschgerechten Zeichen, da man früher „annahm“, dass der Abbiss des Hirsches glatter sei, als der der Hirschkuh.
- Fegen des Hirsches, auch Abfegen, Abschlagen genannt, das Abreiben des Bastes vom fertig geschobenen Geweih an Sträuchern und Bäumen.
- Losung oder Hirschgelos, veraltete Bezeichnung für die Losung vom Hirsch. ( Näpfchen, Zäpfchen)
- Kirchgang, auch Wandlung, Hingang genannt, das morgendliche Ziehen des Hirsches vom Feld in den Wald.
- Knacken der Läufe
- Nässen des Hirsches
- Scherzen, auch Frangen genannt, spielerisches Raufen von Schalenwild (ausser Rehwild) sowie Bär, Luchs und Wolf.
- Scherzstelle, Ort im Revier, an dem scherzendes Wild, z.B. durch Aufreissen des Bodens mit dem Geweih, Spuren hinterlassen hat.
- Schlagen des Hirsches
- Suhle, auch Gelach (beim Schwarzwild auch Prudel) genannt, eine morastige Stelle im Revier die regelmäßig von Rot- und Schwarzwild aufgesucht wird um sich darin zu suhlen (prudeln).
- Früher waren auch die Bezeichnungen Brudel, Lache, Sulache, Sullach, Sohle, Sudel gebräuchlich.
- Tauschlag, entsteht durch das Ziehen des Hirsches durch taunasse Wiesen und bezeichnet die hinterlasse Fährte.
- Wenden, Gewende, auch Himmelsleiter genannt, veralteter Ausdruck für Himmelszeichen und Himmelsspur.
- Wimpelschlagen, auch Wimpelschlag, Verfahren genannt, entsteht, wenn der Hirsch mit dem Geweih oder den Vorderläufen Ameisenhaufen auseinanderschlägt.
Früher unterteilte man noch zwischen Hauptzeichen und Nebenzeichen, die oben genannten gehörten alle zu den Hauptzeichen, von denen es insgesamt 72 gab (24 Fährtenzeichen und 48 nicht zur Fährte in Verbindung stehenden Zeichen).