Vorderschaftrepetierflinte

Die Vorderschaftrepetierflinte gehört zu den Mehrladewaffen und ist ein Gewehr mit glattem Lauf. Die Munitionszufuhr erfolgt meist aus einem Röhrenmagazin unter dem Lauf. Andere Konstruktionsvarianten verwenden auch ein Trommel- oder Stangenmagazin. Das Röhrenmagazin kann auch über dem Lauf angeordnet sein (z.B. Truvelo Neostead).

Andere Bezeichnungen für Vorderschaftrepetierflinte sind auch Pump-action shotgun oder Pumpgun, Slide-action shotgun.

Zum Laden der Waffe zieht der Schütze den Vorderschaft zurück, der Verschluss wird geöffnet, der Schlaghahn gespannt und eine eventuell vorhandene leere Hülse ausgeworfen. Anschließend wird der Vorderschaft nach vorne bewegt, um eine neue Patrone ins Patronenlager zu laden und den Verschluss zu schließen. Vorteil einer Vorderschaftrepetierwaffe ist, dass die Waffe beim Repetiervorgang in der Schussrichtung bleibt und nicht abgesetzt werden muss. Vorteil einer Repetierflinte ist bei der Verwendung mit Flintenlaufgeschossen, die geringere Gefahrenreichweite gegenüber Büchsenpatronen.

Bei den meisten Vorderschaftrepetierflinten kann der Lauf entsprechend der Anwendung ausgetauscht werden. Für behördliche Zwecke werden meist Läufe mit einer Länge zwischen 14" und 20" mit Zylinderbohrung verwendet, im jagdlichen Bereich meist solche mit 26" oder 28" und Choke. Flintenlaufgeschosse sollten nur aus Waffen mit Zylinderbohrung verschossen werden, da das Geschoss einen Lauf mit Choke beschädigen kann. Weiche Flintenlaufgeschosse aus Blei mit Längsrillen wie beim „Brenneke“ können aus glatten Läufen mit Choke verschossen werden.

Früher wurden für Flintenlaufgeschosse optimierte Flintenläufe benutzt, deren Zylinderbohrung an der Mündung in ein leicht verengtes Teilstück mit Zügen übergeht – so genannte Paradox-Choke oder auch Paradoxlauf. Diese sind in den letzten 10 cm des Laufes gezogen und wurden etwa ab 1880 für die Jagd auf großes Wild benutzt. Das Geschoss erreicht im polierten Teil des Laufes eine höhere Anfangsgeschwindigkeit und durch die Züge ist eine höhere Präzision als bei zugloser Bohrung möglich. Heute werden zur Umrüstung Läufe mit Zügen über die ganze Länge für Vorderschaftrepetierflinten speziell für Flintenlaufgeschosse angeboten. Aus diesen können zwar auch Schrotpatronen verschossen werden, durch die Rotation des Kunststoffbechers in dem die Geschosse gelagert sind  wird die Streuung aber drastisch erhöht. Teilweise entsteht auch eine Konzentration der Schrote im Randbereich (Donut-Pattern).

Zur Abdeckung des bei einigen Repetierflinten offenen Verschlusskastens (Basküle) gibt es Staubschutzkappen, die den Verschluss vor Staub und Sand schützen und zum Laden abgezogen werden können. 

Aufgrund ihrer vielfältigen Einsatzmöglichkeiten mit verschiedenen Munitionssorten und weil sie robust und zuverlässig sind, werden Vorderschaftrepetierflinten im zivilen Bereich häufig zum Sportschießen (z.B. IPSC-Flintenschießen und vereinzelt auch beim Wurfscheibenschießen), zur Selbstverteidigung und zur Jagd eingesetzt. Nicht zuletzt sind sie in der Anschaffung preisgünstiger als viele andere Langwaffen.

Bei Polizeibehörden in den USA und vielen anderen Staaten gehört eine Repetierflinte zur Standardbewaffnung in Streifenwagen. Mit Repetierflinten bewaffnete Sondereinsatzkräfte können auch Munitionstypen mit nicht-letaler Wirkung nutzen, um das Gefährdungspotential zu verringern. Nicht-tödliche Munition wie Gummigeschosse und Gummischrot können gegen Einzelpersonen oder zur Unruhenbekämpfung eingesetzt werden, sind jedoch bei unsachgemäßer Anwendung potentiell tödlich.

Die Parks Canada Ranger des Canadian Wildlife Service und des United States Forest Service verwenden Repetierflinten im Kaliber 12/76 als Selbstschutzwaffe mit Flintenlaufgeschossen Hohlspitz Kupfer gegen Bären. Die Geschosse, je nach Munitionstyp mit 32 g bis 39 g, verfügen im Vergleich zu Büchsen über eine hohe Mannstoppwirkung bei gleichzeitig geringem Gefahrenbereich. Auf Grund der Jagdbestimmungen in den USA gibt es dort auch für Schwarzbären zugelassene 00- und 000-Munition (Postenschrot), letztere mit 9-mm-Schrotkugeln.

Im militärischen Bereich finden Vorderschaftrepetierflinten, ähnlich wie bei der Polizei, u.A. zum Öffnen oder Brechen verbarrikadierter Türen oder anderer Barrikaden Anwendung. Der Einsatz von Geschossen aus Blei ist jedoch nach der Haager Landkriegsordnung gegen Menschen verboten. Hierfür stehen Stahlgeschosse, die sich nicht verformen, zur Verfügung.

In der Bundeswehr werden Repetierflinten des italienischen Herstellers SDASS, die von Heckler & Koch überarbeitet wurden, bei den Feldjägern, Marineschutzkräften und Kommando Spezialkräften eingesetzt. Sie dürfen nach Rechtsgutachten aber nur gegen materielle Ziele eingesetzt werden, da keine Stahlgeschosse ausgegeben werden.

Deutschland

Für den Besitz einer Vorderschaftrepetierflinte in Deutschland ist eine Waffenbesitzkarte erforderlich. Die Flinte muss eine Mindestgesamtlänge von 95 cm und eine Lauflänge von 45 cm haben, um kein verbotener Gegenstand im Sinne des Waffengesetzes zu sein.

Seit der Änderung des Waffengesetzes am 11. Oktober 2002 sind Vorderschaftrepetierflinten, bei denen der Hinterschaft durch einen Pistolengriff oder einen Klappschaft ersetzt wurde, verbotene Gegenstände im Sinne des Waffengesetzes. Das Verbot geht auf den Amoklauf von Erfurt 2002 zurück, wo der Täter eine – allerdings nicht derart modifizierte – Vorderschaftrepetierflinte mitführte, welche aber nicht zur Anwendung kam. Privatpersonen benötigen zum legalen Besitz einer solch modifizierten Waffe eine Ausnahmegenehmigung des Bundeskriminalamts. Sie wurde jedoch bislang nie erteilt. 

Österreich

In Österreich ist der zivile Handel mit diesen Waffen verboten, der Besitz ist meldepflichtig auf Waffenbesitzkarte oder Waffenpass bzw. nur mit einer Sondergenehmigung des Bundesministerium für Inneres möglich, nachdem die Waffe seit dem 1. Januar 1995 unter Kat. A (Kriegsmaterial und Verbotene Waffen) eingestuft wurde. 

Schweiz

Für den Erwerb beim Händler und im Privaten gilt das Bundesgesetz über Waffen vom 20. Juni 1997 (Stand am 12. Dezember 2008): Art. 8 Abs. 2 bis: Wer eine Waffe oder einen wesentlichen Waffenbestandteil erwerben will, benötigt einen Waffenerwerbsschein. Gemäß Art. 10 Abs. 4 muss eine geerbte Waffe innert 6 Monaten der zuständigen Behörde gemeldet werden. Eine weitergehende Regelung, explizit in Bezug auf Vorderschaftrepetierer, existiert nicht.

 

Literatur

Henning Hoffmann: Die Flinte – Waffe, Werkzeug, Sportgerät, DWJ Verlag, 2005, ISBN 3-936632-51-0

Leroy Thompson: Einsatzflinten, Motor Buch Verlag, 2004, ISBN 978-3-613-02381-9